Anpassung Grundschnitt beim Hohlkreuz

In unserer facebook Nähgruppe "NähmodeÜ40" konstruieren die Mädels wirklich fleißig ihren Grundschnitt.



'Im amerikanischen heißt dieser Grundschnitt "moulage". Hierbei handelt es sich um die zweite Haut ohne Nahtzugaben oder Saumzugaben.
Der Vorteil an diesem Grundschnitt liegt darin, dass sämtliche Zugfalten erkennbar ist, da wir den Grundschnitt aus WEBWARE anfertigen.
Würden wir uns diesen Schnitt aus dehnbaren Materialien, wie Jersey nähen, gäbe es vermutlich die ein oder andere Falte nicht, da, wie der Name ja sagt, das Material dehnbar ist und sich entsprechend dem Körper schön anpasst.

Vor vielen Jahren war es schwierig dehnbare Materialien zum Nähen zu finden. Es gab überwiegend nur Webware und die dehnbaren Stoffe fanden sich eher nur im Industriebereich, nicht aber für den Endverbraucher kaufbar. 
Hier hat sich der Stoffmarkt grundlegend verändert. Vermutlich nicht zuletzt dadurch, dass dehnbare Materialien sich durch die Stoffbegebenheit am Körper größtenteils anpassen und so manchen "scheinbaren" Konstruktionsfehler gar nicht sichtbar machen lassen. Und natürlich ist Kleidung aus dehnbaren Materialien super bequem und macht (fast) jede Bewegung mit.
Doch auch Webware kann mit dem richtigen Grundschnitt bequem sein und es wird seit kurzem auch wieder verstärkt mit solchen Stoffen genäht.

Bei der von uns angefertigten "zweiten Haut" nach dem beschriebenen Grundschnitt zeigt sich so gut wie allen, dass es ein Zuviel an Stoff im hinteren Bereich des Rückens gibt. Die meisten von uns haben ein mehr oder weniger ausgeprägtes Hohlkreuz und im Gegensatz zu dehnbaren Stoffen, folgt die Webware hier nicht entsprechend dem Rückenverlauf. Eine Anpassung ist daher erforderlich.
Doch auch diese ist gar nicht so schwer, wie manch einer vielleicht denkt.

Das Zuviel an Stoff beim Vorliegen eines Hohlkreuzes zeigt sich durch die waagerechte Faltenbildung im rückwärtigen Teil in Höhe der Taille.
Es gibt Vorschläge, dass dann hier Weite in der Seite weggenommen werden soll. Würden wir das machen, erzielen wir nicht den gewünschten Erfolg.
Mit der Wegnahme des Stoffes in der Seitennaht, würden wir zum einen die Seitennaht, die natürlich gerade verlaufen soll, ins Rückenteil ziehen. Und je nach Stofffalteninhalt gäbe es noch ein zusätzliches Mehr an Stoff .








Ich hab euch - neben dem obigen Foto - hier mal aufgezeichnet, wo sich am Rückenteil das "Zuviel" an Stoff häufig zeigt. Die Falten sind in der Rückenmitte stärker ausgeprägt und sind an der Seite oft so gut wie gar nicht vorhanden.









Das bedeutet, der mittlere Bereich im Rückenteil ist zu verändern.
Bestenfalls habt ihr jetzt jemanden bei euch, der euch helfen kann, denn jetzt geht ihr her und faltet das "Zuviel" des Stoffes so aufeinander bzw. zusammen, dass ihr eine Stofffalte auf der Waagerechten habt und steckt diese Falte mit Stecknadeln zusammen. (das sollen hier die blauen Striche sein) 
Der Stoff soll wirklich dann glatt im Rücken anliegen


Habt ihr den Stoff mit Nadeln zusammengesteckt, geht es ans Messen der Faltenbreite und zwar genau in der Mitte vom Rücken. 
Wie ist die Faltentiefe zu messen?
Hierfür nehmt ihr euch das Maßband zur Hand und misst eine Seite der Falte bis zu ihrer Bruchkante und diesen Wert verdoppelt ihr.

Hier mal nun ein Beispiel:
Ihr habt mittig bis zur waagerechten Bruchkante einen Überschuss von 1 cm gemessen. Diesen Wert nimmt ihr jetzt doppelt, da sich auf der anderen Seite ja auch 1 cm befinden.
Insgesamt sind 2 cm im Rückenbereich zuviel und diese müssen auch im Schnittteil rausgenommen werden.






Markiert euch jetzt oberhalb  der Taillenlinie einen den Wert, den ihr wegnehmen wollt. In dem genannten Beispiel also 2 cm oberhalb der Taillenlinie.  
Ich habt das für euch hier auf dem Bild einmal mit der roten gestrichelten Linie eingezeichnet. 







Jetzt schneidet  ihr das Schnittmuster entlang dieser roten Linie bis kurz vor die Seitennaht , wie gezeigt. 











Das obere Teil habe ich hier jetzt auf Papier geklebt, damit mir nichts verrutscht. Den unteren Teil schiebe ich jetzt nach oben und zwar so, dass die eingezeichnete schwarze Taillenlinien in der rückwärtigen Mitte auf den roten Markierungspunkt trifft. Damit ihr das auf dem Foto besser erkennen könnt, hab ich hier den Markierungspunkt nur zusätzlich nach links weitergezogen. 

Im rückwärtigen Mittelteil habt ihr jetzt den Schnitt so zusammengeschoben, dass ihr im Taillenbereich 2 cm weniger an Stoff haben werdet. 






























Was euch jetzt sicherlich sofort auffällt, ist die krumme rückwärtige hintere Naht. Die möchten wir natürlich nicht haben. Vor allen dann nicht, wenn wir das Rückenteil im Bruch zuschneiden wollen.
Wir müssen hier also die rückwärtige Naht begradigen. 
Herfür verbinde ich den oberen Halspunkt und mit der unteren Saumkante und ziehe mir eine Senkrechte, die die neue hintere Mitte ist. 

Doch was passiert jetzt durch das Einzeichnen der neuen hinteren Mitte (HM - rot eingezeichnet)?
Fällt es euch auf?








Besonders im Taillenbereich ist das Kleidungsstück jetzt deutlich weiter. Es ist also eine weitere Änderung erforderlich. Jetzt müsst ihr hergehen und nachmessen, um wieviel mm bzw. cm die Taille eine Mehrweite hat.
Hierfür messe ich den Abstand an der rückwärtigen Mittelnaht des alten Schnittes zum neuen Schnittteil.
In dem Beispiel hier liegt eine Differenz von ca. 1,25 cm vor. 

Dieser ermittelte Wert ist auf der Seitennaht vom Rückenteil jetzt einzustellen. Hierfür markiert ihr euch auf der ursprünglichen Taillenumfangslinie einen Punkt nach innen (hier links von der Seitennaht) mit dem ermittelten Wert (im Beispiel hier die 1,25 cm und blau als Kreuz markiert)

Mit Hilfe eines Kurvenlineals zieht ihr euch jetzt noch die neue Seitenlinie.





Damit das Kleidungsstück jetzt mittig am Saum unten auch stimmig ist, ist abschließend noch die Saumkante von der Seitenlinie aus zu begradigen oder entsprechend geschwungen zu gestalten.


Jetzt habt ihr das neue Schnittteil für den Rücken fertig und nun heißt es .... Daumen drücken, dass die nächste Anprobe mit diesem neuen Rückenteil auch passt!

Noch ein Tipp abschließend von mir: wenn ihr euch den Grundschnitt aus Nesselstoff oder anderem Baumwollstoff näht, wählt zum Zusammennähen eine größere Stichlänge. Somit könnt ihr die Teile schnell und einfach voneinander trennen und Änderungen gehen dann etwas einfacher von der Hand.





























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