Konstruktion Ärmel mit mittleren Schulterpunkt


So viele tolle Rückmeldungen habe ich schon von euch bekommen, dass mich diese motivieren, euch hier weiterhin mit Informationen rund ums Nähen und auch um die einfacheren Konstruktion zu "füttern".

Ihr hattet mich gebeten, einen Ärmel zu zeigen, bei dem der Schulterpunkt mittig liegt. Da dieser ebenfalls zu der Grundkonstruktion zählt, zeige ich euch diesen heute.
Bitte bedenkt, dass was ihr hier seht, sind wirklich nur Grundkonstruktionen. Es gibt ganz hervorragende Onlinekurse, die sich mit dem Aufbau aus diesen Grundschnitten heraus, beschäftigen und es lohnt sich auf jeden Fall, sich diese zu gönnen und zu belegen. Glaubt mir, auch wenn ich schon sehr vieles weiß, bin ich immer wieder auf der Suche nach Erweiterungen oder anderen Verfahren und lasse mich gerne von der Innovationen begeistern. 

Wer der englischen Sprache mächtig ist, dem empfehle ich, sich die Videos von Angela Kane auf youtube einmal anzuschauen. Sie hat diese Woche ganz tolle neue Videos zum Thema Konstruktion hochgeladen und ich denke sogar, dass die Darstellungen ausreichend sind, die Schritte nachvollziehen zu können, auch wenn jemand kein Englisch kann. Der Blick in die Videos lohnt sich wirklich.
Schaut mal hier!

Jetzt geht es aber erst einmal hier weiter mit dem einfachen Ärmel, bei dem der Schulterpunkt mittig liegt.

Nehmt euch wieder einmal einen Fotokarton oder Packpapier (Breite sollte etwa 50 cm sein)  und zeichnet als erstes ca. 5 cm unterhalb des Papierrandes eine waagerechte Linie bis zum rechten Seitenrand.











Den Endpunkt der Waagerechten markiert ihr euch als Punkt 1 und von diesem Punkt 1 zieht ihr im 90 Grad Winkel eine Senkrechte nach unten.






Jetzt folgt vorab für die nächsten Schritte ein klein wenig Mathematik. 
Schaut bitte nochmal in eure Maßtabelle. Aus dieser benötigt ihr das Maß für den Armlochumfang!
(Wichtig: nicht das Maß vom Schnitt, sondern das Maß, das ihr an eurem Körper gemessen habt!)

Damit wir unseren Arm mit Kleidungsstück auch bewegen können, wird bei der Konstruktion des Ärmels auch eine Bewegungszugabe einberechnet. Diese steht in Abhängigkeit von der Zugabe, die ich am Schnitt habe. Ich habe hier eine Aufstellung für euch, mit sog. Standardzugaben. Die Erklärung hierzu folgt nach der Aufstellung.

Zugaben am Schnitt                    Bewegungszugabe Ärmel
0   cm                                                   3 cm
0,5 cm                                                  4 cm
1 cm                                                     5 cm
1,5 cm                                                  6 cm
2 cm                                                     7 cm
2,5 cm                                                  8 cm


Beispiel: Ich habe einen Armlochumfang von 43 cm und mein VT und RT mit einer Zugabe von 2,5 cm konstruiert. Mein Ärmel bekommt daher eine Bewegungszugaben von 8 cm. Diese wird jetzt im Schnitt berücksichtigt. 
Für die weitere Konstruktion kommen jetzt die zwei Formeln:

Armlochumfang + Bewegungszugabe Ärmel
-------------------------------------------------------   = Maß A
                                   2
                      

In meinem  Fall heißt das:     43 + 8
                                              ----------    = 25,5 (Maß A)
                                                   2



Da wir von Maß A sprechen gibt es auch ein Maß B. Dieses benötigen wir auch und es errechnet sich folgendermaßen:

Maß A - 4 cm (Standard) = Maß B

Bei mir beträgt Maß B: 25,5 cm - 4 cm = 21,5 cm 


Ja, bei mir gibt es etwas zu rechnen und natürlich gibt es auch Konstruktionsmethoden, bei denen das nicht erforderlich ist bzw. gemacht wird. Da ich aber so eine Pingeltante bin, komme ich persönlich mit Berechnungen besser klar und ich kann mit Zahlen präziser arbeiten. Das ist jedoch mein persönliches Empfinden. Ihr werdet im Laufe der Zeit eure ganz persönliche Methode erarbeiten und da gibt es kein richtig oder falsch! Wichtig ist, dass es am Ende passt!!!!

Nachdem wir jetzt etwas gerechnet haben, geht es mit dem Zeichnen weiter.
Auf der rechten Senkrechte tragt ihr nun das Maß B ab.
Markiert euch den Endpunkte der Senkrechte als Punkt 2. 
Von hier aus zieht ihr eine Waagerechte im 90 Grad Winkel mit eurem Oberarmumfang zzgl.  der Hälfte der individuellen Bewegungszugabe.

Mein Oberarmumfang liegt bei 35 cm, 
Dieses Maß wird durch 2 dividiert + einer hälftigen Bewegungszugabe 

=> 35 cm : 2 = 17,5 cm
=> 17,5 cm + 1,5 cm = 19 cm

Punkt 3 liegt somit bei 19 cm auf der zuvor gezogenen Waagerechten.
Von diesem Punkt 3 aus ziehe ich wieder eine Senkrechte nach oben hin zur Waagerechten, die ich als allererstes gezogen habe. Der Schnittpunkt ist der Schulterknochpunkt und den markiere ich als Punkt 4

Jetzt lege ich von Punkt 4 die Höhe der geplanten Armkugel fest. Schaut euch ggf. hierzu nochmal den Beitrag an, welchen Einfluss die Höhe der Armkugel auf das Kleidungsstück hat. Auch hier werdet ihr nicht umher kommen, einfach mal die unterschiedlichen Höhen auszuprobieren um am Ende feststzustellen, welche Armkugelhöhe euch persönlich zusagt. 



Meine Armkugel soll 12 cm hoch sein.
Von Punkt 4 markiere ich jetzt auf der Senkrechten einen Punkt bei 12 cm + 1 cm -> also bei 13 cm.














Und was kommt jetzt? Richtig, es wird wieder mal eine Waagerechte nach rechts gezogen, die bis zur Senkrechte geht, die Punkt 1 mit Punkt 2 verbindet.







Vor uns liegt jetzt auf dem Papier ein Konstrukt von 2 Rechtecken und in dem oberen Rechteck arbeiten wir uns die Armkugel ein.












Etwas weiter höher hatten wir bereits das Maß B errechnet. Dieses benötigen wir jetzt!

Von Punkt 4 aus legt ihr das Lineal so hin, dass es mit dem Maß B die äußere Senkrechte trifft und zieht dann eine Diagonale.

Hier im Foto seht ihr meine eingezeichneten 21,5 cm.






Diese Diagonale gliedert ihr in 3 gleich breite Abschnitte.
(Auch hier gibt es Konstruktionsarten, die die Diagonale vierteln, statt dritteln. Ich sag da nur, ausprobieren und die persönliche Vorgehensweise entwickeln)


Den oberen Punkt kennzeichne ich als Punkt A, den mittleren als B und der Punkt, der auf der Senkrechten liegt als C.














Von Punkt A ziehe ich im 90 Grad Winkel zur Diagonalen eine Linie 2 cm nach außen.


















Von Punkt B ziehe ich im 90 Grad Winkel zur Diagonalen einen Punkt 0,75 cm nach außen und nach innen
Von Punkt C markiere ich einen Punkt 1 cm über diesen Punkt auf der Senkrechten.
Punkt C ist dann auch der Unterarmpunkt!





Verbindet jetzt zunächst die Punkte oberhalb der Diagonalen. Ich habe diese hier rot gezeichnet.
Diese Kurve ist die hintere Armkugellinie. 







Um die vordere Armkugellinie einzuzeichnen verbindet ihr Punkt A mit dem Markierungspunkt unterhalb der Diagonalen bei Punkt B und wieder hoch zu Punkt C.
Eine schöne Kurve könnt ihr natürlich mit entsprechenden Linien erreichen. Es spricht aber auch nichts dagegen, diese ganz frei Hand zu zeichnen.

Beide Kurven messt ihr nun mit dem Maßband nach und prüft, ob das Maß mit dem des Armlochs vom SCHNITT übereinstimmt. Falls nicht, lassen sich Korrekturen vornehmen.
Punkt C kann nach unten verlegt werden. Die Kurven können noch vertieft oder erhöht gezeichnet werden. Punkt 4 kann ebenfalls nach oben hin versetzt werden (1 cm!).
Wichtig ist nur, dass der Unterarmpunkt von vorderer und rückwärtiger Armkugel in gleicher Höhe bleibt.

Auch an VT und RT können bei der Armlochkurve Veränderungen vorgenommen werden. Die Armlochtiefe lässt sich variieren, ggf, kann auch hier die Kurve angepasst werden.
Hier heißt es mal wieder, tastet euch einfach langsam vor!

Jetzt haben wir die vordere und die hintere Armkugel beide auf dem hälftigen Papier. Ist ja irgendwie ungünstig für das Ausschneiden auf dem Stoff. Damit wir dann auch einen vollständigen Ärmel als Schnittteil haben, falten wir unser Papier einfach in der Mitte am Schulterknochenpunkt.



Von der Falzlinie aus, schneiden wir entlang der oberen Linie,




















klappen unser Papier wieder auf






und jetzt schneiden wir auf der rechten Seite vom Schnitt den Teil ab, so dass die untere Kurve stehen bleibt.



















Links haben wir jetzt die hintere Armkugel und rechts die vordere Armkugel.
Damit ihr diese nicht vertauscht, kennzeichnet euch die beiden unterschiedlichen Seiten, z.B. mit H und V.





Jetzt fehlt euch nur noch die Armlänge. 
Faltet am besten wieder mittig euer Papier und zeichnet euch nur auf einer Seite die Kurve ein, in der gewünschten Armlänge von Punkt C ausgehend nach unten. Achtet bitte auf die erforderlichen Umfangsmaße!

Jetzt schneidet ihr den Teil am gefalteten Papier entlang ab und voilà, fertig ist euer Ärmel!
















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